Kohlhöfe (1800) - Carls-Gärten (1806) -
Kleingärten (1814)
Diese 3 Begriffe sind sorgfätig auseinander zu
halten. Am 28. April 1814 legte der damalige Prediger in Kappeln, Pastor Schröder, mit
einem Pachtvertrag für Kleingartenflächen den Grundstein für die
Kleingartenbewegung in Deutschland. Gartenflächen für arme Leute, die
‘Armengärten’, gab es auch in anderen Gegenden Deutschlands bereits früher.
32 Kohlhöfe
Die erste bekannte Gartenlandvergabe
in Kappeln datiert auf das Jahr 1800. Die Vorsteher des Kappelner Armenwesen waren 1797/98 bei dem
Inspektor des Gutes Roest, Major von Motz, vorstellig geworden. Die ärmste Klasse in Kappeln
hätte kein Unterkommen und der Roester Gutsherr, Landgraf Carl von Hessen, den man zu Recht
für fürsorglich und großzügig hielt, möge deshalb entweder das Armenhaus
durch einen Anbau vergrößern oder ein Stück des Dothmarker Feld auslegen und einige
Gebäude darauf zu Lasten der Leute erbauen lassen. Der Bitte wurde entsprochen und so entstanden
im Bereich der heutigen Prinzenstraße 32 Bauplätze nebst Kohlhöfen, die an die
Bedürftigen vergeben wurden.
Carls-Gärten
Kappeln war damals eng von den
Roester Ländereien umschlossen. In Anbetracht dessen, dass mehrere Häuser in Kappeln nur
mit kleinen, viele anderen mit gar keinen Gärten versehen waren, hatte sich Landgraf Carl von
Hessen entschlossen im Jahre 1806 das sogenannte Priesterholz in Gartenland aufzuteilen und an die
Einwohner der Stadt Kappeln in Erbpacht zu überlassen. Diese Carls-Gärten waren keine
Armengärten, vom Schiffer über Grobschmied, Goldschmied, Schullehrer und Kapitän waren
als Erbpächter das damalige Bürgertum vertreten.
Mit der Bereitstellung der 32 Armengärten und der 100
Erbpachtflächen war der Bedarf an Gartenflächen in Kappeln noch lange nicht gedeckt, denn
lediglich 139 Einwohner waren im Besitz eines Hauses mit Garten. Da die Nachfrage an Gartenland immer
noch groß war, stellte Pastor Schröder, der damalige Prediger zu Kappeln, einen Teil der
Pastorenkoppel "Lütjefeld" als Gartenland zur Verfügung. Mit einem Vertrag vom
23. April 1812 wurden 24 Parzellen mit einer durchschnittlichen Fläche von 2 Schipp
den Anwohner, wiederum in Erbpacht, zur Verfügung gestellt. Die Parzellen waren von 1 bis 24
durchnumeriert und lagen im Bereich nördlich des Lusthofes. Heute weisen nur noch einige
Staßennamen, Gartenstraße, Kastanienallee und Apfelallee, auf die ehemaligen Gärten hin.
Die ersten Kleingärten als ‘Verein’
Da
es noch immer viele Familien in Kappeln gab, die kein Gartenland
hatten, stellte Pastor Schröder weitere 24 Parzellen Gartenland,
diesmal auf der Pastoratskoppel Scheunefeld, zur Verfügung. Diese
Parzellen waren ebenfalls im Schnitt 2 Schipp groß und von 25 bis
48 durchnumeriert. Im Gegensatz zum Vertrag über die Gärten
auf dem Lütjefeld, wurden diese Parzellen aber nicht in Erbpacht
vergeben und waren, bis auf 6 Parzellen, auch nicht den Anwohner
vorbehalten, sondern standen allen Interessierten zur Verfügung.
Laut Pachtvertrag vom 28. April 1814 hatten die Pächter aus ihrer
Mitte 4 Vorsteher zu wählen, die für die Aufsicht, die
Befriedung, die Ordnung innerhalb der Gärten und die Erhebung
sowie Ablieferung des Pachtzins zuständig waren. Die Pächter
hafteten für den Pachtzins gemeinschaftlich, leistete ein
Garteninteressent seine Schuldigkeit nicht bis zu einer bestimmten
Zeit, konnte seine Fläche ohne Weiteres einem anderen
überlassen werden. Damit war der erste Kleingärtnerverein
entstanden. Die im Pachtvertrag vom 28. April 1814 festgelegten Bedingungen und Vorgaben entsprechen in
den Grundzügen dem Bundeskleingartengesetzt von heute und bilden somit noch heute die Grundlage
für das Kleingartenwesen in Deutschland. Man kann Pastor Schröder also als Vater des
Kleingartenwesens und Kappeln als die Geburtsstadt dieser Bewegung bezeichnen.
Am 17. November 1818
erneuerte Pastor Scholtz als Nachfolger des inzwischen verstorbenen Pastor Schröder, diesen
Pachtvertrag, der bis heute für annähernd die selbe Fläche fast unverändert gilt.
Noch heute bewirtschaften Pächter des Kleingärtnerverein Kappeln Parzellen auf dieser
ehemaligen Deputatfläche - die Anlage Reeperbahn.
Die jüngere Vergangenheit und Gegenwart
Im Krisenjahr 1949 zählte unser Verein 819 Mitglieder. Mit der Normalisierung der
ernährungswirtschaftlichen Verhältnissen ging die Zahl der Mitglieder rapide zurück.
1972 war hier mit 163 Mitgliedern der absolute Tiefpunkt erreicht. In den Anfängen war die
kleingärtnerische Tätigkeit für den Lebensunterhalt wichtig, heute ist der Garten
mehr Hobby. Freizeitgestaltung und Erholung, Verbundenheit zur Natur, umweltbewusstes Leben und gesunde
Ernährung sowie die Freude an Geselligkeit haben dem damaligen Überlebenskampf den
Rang abgelaufen und besitzen einen hohen Stellenwert in unserem Verein. Aus den ehemals
reinen Nutzgärten sind heute Schau- und Nutzgärten geworden. Die Gärten
bringen nicht nur ihren Pächtern Vorteile, sondern sind heute noch genauso wie damals in
die städtebauliche Grünflächenplanung eingebettet und somit Erholungszentrum
für die gesamte Stadtbevölkerung und Besucher der Stadt Kappeln.
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